Ich nickte. Aber wie bekamen wir sie hier raus? Zweigelnd sah ich Raito an. In der Hoffnung, er hätte eine Idee.

Nervös sah ich zwischen den drei Wölfen hin und her, die Situation schien aussichtslos. Nai und Lacey waren eingekesselt von einem gläsernem Gefängnis und einem Gebäude. Lyvianne hoffte wahrscheinlich das ich eine zündende Idee hatte, allerdings herrschte in meinem Kopf gähnende Leere, bis auf einen Gedanken.
Rette sie. Rette sie. Rette sie!
"Vielleicht ist ja in diesem Gebäude ein Loch durch das ihr wieder raus kommt..." murmelte ich und trottete langsam um die Glaswände herum, hoffentlich würde Lyvianne mit folgen und wir würden gemeinsame einen Ausweg finden.

Ich lief auf der Innenseite der gläsernen Wand neben Raito her und dachte darüber nach wie ich -falls ich jeh wieder zurück nach Evengard kam- den anderen Wölfen meinen Entschluss beibringen konnte. Ich hielt meine Idee für sinnvoll aber ich wusste das es mir trotz allem schwer fallen würde und ich damit wahrscheinlich nicht allein war. Aber was sein musste, musste sein. Ich schüttelte den Kopf und beförderte mich wieder in's hier und jetzt. Etwas missgestimmt sah ich Raito und Lacey an, ihnen meinen Entschluss zu beichten würde mir am schwersten fallen und ich hoffte von Herzen das sie es doch irgendwie verstehen würden, schließlich waren die beiden meine Familie und irgendwie waren sie ja auch die einzige richtige Familie die ich jeh hatte. Ich sah wieder auf den Boden und lief weiter neben Raito her, den Kopf lies ich allerdings etwas hängen.

Der junge Rüde, dessen Fellfarbe mich immer ein bisschen an die eines leuchtenden Bernsteines erinnert hatte, lief inzwischen an der unsichtbaren Barriere entlang und Nai hatte sich aufgemacht ihm zu folgen. Diesen schien aber noch etwas anderes zu beschäftigen, denn sein Kopf war merklich gen Boden gesunken und neben der Sorge um die beiden Jungwölfe hinter der gläsernen Wand, entstanden nun zudem noch sorgenvolle Gedanken, die sich ganz allein um den rötlichen Rüden drehten.
Meine Rute hing zwischen meinen Beinen und als ich den Beiden deutlich langsamer folgte, wanderte sie langsam zu meinem Bauch. Ich wusste nicht, ob es hier einen Ausweg und damit verbundenes glückliches Wiedersehen geben würde, aber eines wusste ich. Nai belastete etwas, dass nichts mit der ganzen Sache hier zu tun hatte und das weckte in mir leise Angst. Das Wasser plätscherte leise unter meinen Pfoten, als ich stehen blieb und mein Hinterteil auf den Grund des Wasserlaufes absetzte.
Nachdenklich sah ich den beiden hinter her und drehte meine Ohren nach hinten, ehe mein Blick kurz zu der weißen Fähe wanderte. Ich wollte sie nicht alleine lassen und mir kam es so vor, als wäre ich den beiden Rüden keine große Hilfe. Durch mich wurde eh immer alles schlimmer.

Als Laceys Schritte stoppten, blieb ich stehen und sah zurück. Die Wölfin sah's da und schien etwas unsicher also schenkte ich ihr ein sanftes Lächeln bevor ich mich wieder abwandte und Raito folgte. Ich sah ihn durch die unsichtbare Wand hindurch an und hoffte inständig das er einen Plan hatte wie man hier rauskam. Wärend ich ihm nachlief senkte ich meinen Kopf und nahm wärend ich lief etwas Wasser mit der Zunge auf. Noch einmal blieb ich stehen und sah zu Lacey: "Sollte was passieren, ruf mich. Dann komm ich und rette dich", sagte ich grinsend bevor ich lostrabte um den Abstand zwischen mir und dem jungen Rüden wieder etwas zu verkleinern. Hoffentlich hatte ich Lacey etwas beruhigen können. Ich nahm mir fest vor Lacey hier sicher rauszubringen, natürlich galt das auch für den jungen roten Rüden und die mir unbekannte andere weiße Wölfin aber auf Lacey würde ich wohl ganz besonders achten. Raito lief weiter an der Wand entlang und ich folgte ihm, als ich auf gleicher Höhe mit ihm lief sah ich ihn durch die unsichtbare Wand an. Sein rötlich-goldenes Fell leuchtete in der Sonne schon beinahe und seine Augen hatten einen entschlossenen Ausdruck der ihn reifer wirken lies. Trotzdem war er wohl immernoch der kleine Wolf den ich kennengelernt hatte. Meine Gedanken schweiften wieder in die Ferne und ich blickte auf den Boden vor mir, meine Geschwindigkeit hatte ich der von Raito angepasst und lief weiterhin neben ihm her. Unbewusst lauschte ich weiterhin angestrengt und filterte jegliche Gerüche.

Trotz der Barierre die uns trennte konnte ich deutlich wahrnehmen das sowohl Nai als auch Lacey etwas belastete. Etwas das tiefer saß und schwerer war als bloß einen Ausgang aus ihrer misslichen Lage. Lyvianne machte keine Anstalten mir zu folgen, vielleicht fürchtete sich vor dem merkwürdigen Gebäude und der unsichtbaren Wand, ich meine wer würde das nicht tun.
"Nai, ich weiß nicht was ich tun soll."
Geknickt wanderte ich weiter an der Wand entlang, immer im Gleichschritt mit Nai. Versuchte seine Bewegungen zu imitieren, er war der stärkste den ich kannte und ich wollte genauso sein wie er. Eine starke Schulter für Lacey und alle anderen. Aber ich schaffte es nicht ihn nachzuahmen, dafür war ich zu ängstlich und verunsichert von diesem Gebilde. "Habt ihr wirklich alles durchsucht?", murmel ich leise und versuche meine Stimme nicht brechen zu lassen.

"Alles was uns eingefallen ist müssten wir untersucht haben aber.. ich komm nicht in das Gebäude um dort zu schauen. Von da sind wir schließlich hier rein gebracht worden", gab ich Raito als Antwort und wurde etwas langsamer da ich mir nicht sicher war ob er sonst so einfach nebenbei herlaufen konnte. Dann blieb ich stehen und sah Raito an. "Denkst du, du schaffst es in das Gebäude zu kommen?", fragte ich. Ich war mir sicher das es unheimlich war, mir war es auch nicht geheuer aber naja ich hatte immer dieses mulmige Gefühl bei Gebäuden seit.. seit dem Unfall in der Metzgerei mit Lacey damals. Ich setzte mich und beobachtete Raito mit schräg gelegtem Kopf durch die unsichtbare Wand hindurch.

Während die klare Flüssigkeit sanft, nahezu beruhigend, meine Pfoten umspülte und ich mich tatsächlich auf diese Besänftigung einließ, wurde mein Herzschlag wieder etwas gemäßigter. Und trotz aller Verwirrung, beziehungsweise Traurigkeit, die ich verspürte, fühlte ich Hoffnung in mir aufsteigen, als ich weiterhin den beiden Rüden nachblickte. Wie Vater und Sohn sahen sie aus und alleine diese Tatsache reichte aus, dass sich meine Rute wieder etwas lockerte und ich nun regelrecht entspannt auf ihr saß. "Passt auf euch auf!", sprach ich leise, fast schon flüsternd und obwohl mir bewusst war, dass die Worte niemals bei den Beiden ankommen würden, wiederholte ich sie nicht lauter. Allein das Aussprechen war wie Balsam für meine Seele, wo ich mich doch für mein Zurückbleiben schon nutzlos fühlte. Aber wie ich vorher schon festgestellt hatte würde ich nicht unbedingt eine helfende Pfote in dieser Angelegenheit sein. Nein - viel eher würde ich nur allen im Weg stehen. So drehte ich meinen Kopf nun wieder zu der weißen Fähe, die sich schon seit langer Zeit nicht mehr zu Wort gemeldet hatte.

Meine Schritte ließ ich langsam auslaufen als ich bemerkte das Nai stehen blieb, ich war irgendwie nicht in der Lage schnelle Aktionen durchzuführen. Für ihn versuchte ich meinen Kopf so weit wie möglich zu heben als er sprach. Das Gebäude, ein riesiger grauer Klotz. Aber tatsächlich hatten wir uns das Monstrum auch noch nicht angesehen, möglich war es also das wir die beiden dort hindurch heraushohlen konnten. Das erneut zu realisieren verschaffte mir eine gehörige Portion Mut und ließ in meinen Augen einen Hoffnungsschimmer aufblitzen. "Ich werds versuchen!", sagte ich und meine Stimme war gefestigt. "Alles klar, passt auf euch auf." Das sollte aufmunternd klingen, aber es gelang mir nicht wirklich, es war eher wie ein endgültiger Abschied. Mit einem Nicken trottete ich an der Wand wieder entlang und schob mich langsam und vorsichtig um die Ecke.

[Ich warte noch einen Post von euch ab, und mach mich dann an die Rettung! :D]

"Du schaffst das schon", sagte ich und lächelte Raito aufmunternd zu, allerdings sah er das garantiert nichtmehr da er schon um die nächste Ecke verschwunden war. Mir war nicht wohl dabei den kleinen Kerl allein rumlaufen zu lassen, vor allem nicht hier aber es war nunmal unsere einzige Chance und ich vertraute darauf das Raito irgendwie wusste was er tat. Unruhig trat ich von einer Pfote auf die Andere und dann musste ich auch wieder über meinen Entschluss nachdenken und ob das wirklich richtig war. Vielleicht konnte ich Lacey und Raito ja mitnehmen. Die weiße Wölfin durfte natürlich auch mit, also wenn ich mich dafür entschied sie mitzunehmen. Ich seufzte und musste zugeben das ich in dieser Situation wirklich mehr als verzweifelt und hilflos war. Ich ließ meine Ohren leicht hängen und zwang mich in's hier und jetzt zurück. Raito war noch nicht lange weg und doch kam es mir vor als wären es Stunden gewesen. Ich wurde immer nervöser und unruhiger und fragte mich was ich tun sollte falls doch etwas passierte. Von hier konnte ich ja nicht besonders viel ausrichten. Es wird schon alles gut gehen, dachte ich mir und das wiederholte ich dann als wäre es ein Mantra.

Meine Augen konnte keine Bewegung ausmachen, die rotierenden Ohren kein Geräusch. Ich fühlte mich als wäre ich plötzlich in einer anderen Welt, meine Sinne waren augenblicklich geschärft und ich schien mich in einer scannenden Trance zu befinden, alles was mir nicht half die beiden zu befreien wurde praktisch ausgeblendet. Ein Fenster. Und ehe ich weitergedacht hatte stand ich vor ihm, es war geöffnet. Ich konnte nicht sehen was dahinter lag. Aber die Hoffnung war, dass wenn ich hindurch käme, ich auf der anderen Seite eventuell etwas finden würde das die beiden befreien könnte. Allerdings war der Fensterspalt nicht besonders riesig und zudem war es schmales Fenster das man nach oben öffnete. Ich muss da rein! Aber so aus dem Sprung schaffe ich das nicht...
Nervös sah ich mich um, die Rettung war nah aber meine Sprungkraft schien mir alles zu nichte machen zu wollen. Scannen. scannen. Da! Ich machte eine Holzkiste gegenüber des Fensters aus, sie stand neben einem vollen Mülleimer aus dem allerlei Abfall herausquoll. Langsam und beinahe kriechend schob ich mich auf die Kiste zu, ich hörte zwar nichts aber man konnte nie wissen ob nicht eventuell ein Stinktier oder schlimmers irgendwo lauerte. Die Kiste schliff ich dann unterhalb des Fensters, jetzt musste ich nur noch mit anlauf drauf und dann durch den Fensterspalt springen.
Ich trabte einige Schritte weg und holte tief Luft, ich war die letzte Chance und durfte jetzt auf keinen Fall versagen. Ein letztes mal schluckte meinen Speichel und alle Angst hinunter und preschte dann auf die Kiste zu. Der Absprung gelang, ich konnte mich am Fenstersims festkrallen. Mit etwas gestrampel würde ich es hinauf schaffen, meine Krallen kratzten über die Mauer des Gebildes. Aber ich schaffte es nicht mich durch den Spalt zu zwängen. Streng dich an!, schrie die Stimme in meinem Kopf, aber es half alles nichts, meine Kraft ließ nach und ich fiel wie ein nasser Sack zu Boden. Ein kurzes Jaulen entfuhr mir als ich aufkam, jedoch weniger vor Schmerz, sonder vor Enttäuschung. Du musst es schaffen!
Ich setzte ohne zu zögern ein zweites mal zum Einbruch an, diesmal mit mehr Anlauf. Meine Gedanken rasten, ich konnte mich überhaupt nicht konzentrieren. Hol sie raus, hol sie raus, hol sie raus! waren die einzigen Worte die in einer Endlosschleife durch meinen Kopf flossen. Der zusätzliche Schwung schleuderte mich geradezu durch das Fenster. Mein Flug ging allerdings nicht sehr weit, ich wurde jäh abgebremst durch einen schier endlos hohen Turm der aus Kisten, Schachteln und Boxen aller Art bestand, die meisten davon aus massivem Holz. Die Energie die noch von meinem Sprung übrig war, übertrug sich auf den recht instabilen Turm der zu wanken begann und schließlich von mir weg umkippte.
Während ich noch damit beschäftigt war dieser Welt zu danken, das ich meine Ende nicht unter einem Haufen von Schachtel fand war plötzlich ein Signalton zu hören und dann ein metallisches Quietschen. Auf was zur Hölle waren die Kisten gefallen?